Indian Summer |
„Indian Summer“ von Shiregreen - entspannter Folkrock gegen den Blues des Älterwerdens Als „Indian Summer“ bezeichnen die Amerikaner eine warme Wetterperiode im späten Herbst, in der der Sommer noch einmal alle Register zieht, mit strahlend blauem Himmel und intensiver Blattverfärbung. Indian Summer heißt auch das neue Album von Shiregreen, das „von den Farben und von den Jahreszeiten des Lebens“ erzählt. Klaus Adamaschek und seine Band ziehen alle Register ausgereifter und authentischer Songwritermusik; ein Album voller Seele, mit bunten Farbtupfern aus Folk, Rock, Country und deutscher Liedermachertradition. Wohin die Reise auf Indian Summer geht, daran lässt schon der Titelsong keinen Zweifel: „Sicher kennst auch du diese Tage, an denen so gar nichts richtig passt, ein falsches Wort, eine dumme Frage, alles tonnenschwere Last “, eröffnet Adamaschek das Album in warmherzig-folkigem Sprechgesang, ehe dann die Band einsteigt und das opulente Indian-Summer-Leitmotiv dagegenhält: entspannter Folkrock gegen den Blues des Älterwerdens. Dass der Refrain in Englisch ist, fällt zunächst gar nicht auf. Adamaschek pendelt auf dem Album völlig selbstverständlich zwischen seinen „Lebenssprachen“ Deutsch und Englisch hin und her.
An ein zwiespältiges Stück der Musikgeschichte wagt sich Shiregreen mit der eigenständigen Cover-Version von „Hundert Mann und ein Befehl“, die Adamaschek seinem Vater widmet, „der mit 15 Jahren in den Krieg ziehen musste und mich später gelehrt hat, dass keiner mitmarschieren sollte.“ War das Original „The ballad of the green berets“, das Barry Sadler 1963 in Paradeuniform sang, noch ein patriotischer Lobgesang auf eine US-Eliteeinheit, so rückte die deutsche Fassung von Ernst Bader (1964), mit der Freddy Quinn und Heidi Brühl Millionen Deutsche zu Tränen rührten, das Leid des Krieges in den Blickpunkt. Adamaschek geht noch einen Schritt weiter und präsentiert „Hundert Mann und ein Befehl“, im berührenden Duett mit Marisa Linß, als klassischen Anti-Kriegs-Song, ganz in der Tradition großer Protestsänger wie Pete Seeger oder auch Bruce Springsteen.
Und auch wenn Indian Summer das bisher wohl entspannteste Shiregreen-Album geworden ist, so fehlen doch nicht die nachdenklichen und intimen Momente, die Adamaschek besonders auszeichnen. „Wenn meine Enkel mich einst fragen“, vorgetragen nur mit Gitarre, Mundharmonika und Bass, ist eine offenherzig-hilflose Kapitulation vor der Klimakrise, und der (nur vermeintliche!) Schlusssong „A million things to change“ öffnet den Blick auf die Zeit, wenn auch für Adamaschek der Indian Summer irgendwann vorüber geht. Neben der Grundband in klassischer Rock-Besetzung sorgen Sascha Schmitt an den Tasteninstrumenten und Lukas Bergmann an der Geige für emotionale Momente, ähnlich wie der überzeugende Harmoniegesang von Marisa Linß und Paul Adamaschek. Indian Summer ist ein hörenswertes Album mit inhaltlichem Tiefgang und musikalischer Vielfalt, es bietet reichlich Denkanstöße für den Kopf und Balsam für die Seele. Ein künstlerisch Cover mit dem Leitmotiv der vier Bäume und das lievevboll gestaltete Booklet mit allen Texten begleiten diese Reise ins Innere. |